Eine „Danke-Party“ der besonderen Art
Auszug aus dem Stadtanzeiger Mosbach 13. April 2023
Schulleiter Jochen Herkert begrüßte dieser Tage auf der „Lerninsel“ des Nicolaus-Kistner-Gymnasiums (NKG) zur alljährlichen „Danke-Party“ der Geschichts-AG seiner Schule. Zu dem beliebten Event waren viele Gäste aller Altersklassen erschienen – ob nun als Angehörige der Schülerinnen und Schüler, als Ehrengäste, Zeitzeugen und Helfer der jeweiligen Projekte oder einfach aus geschichtlichem Interesse.
Es handelte sich dabei um ganze zwanzig Schülerprojekte, die im Rahmen der Geschichts-AG des NKGs erstellt und zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten eingereicht worden waren. Zum Thema „Mehr als ein Dach über dem Kopf. Wohnen hat Geschichte“ fanden die Schüler/-innen in der Geschichts-AG viele umfangreiche und spannende Themen – von den Ruinen antiker Römerbauten bis hin zu Gebäuden, die noch heute als Wohnraum genutzt werden. Doch so weit gefächert die Themen auch waren, hatten sie doch alle einen regionalen Bezug.
Die Teilnahme an diesem zweijährigen Wettbewerb, den die Hamburger Körber-Stiftung trägt, ist für die Geschichts-AG mittlerweile schon selbstverständlich. Mitmachen darf dabei jeder, von der Unterstufe bis zur Kursstufe, alleine oder im Team. Unter Anleitung von Gymnasiallehrerin und AG-Tutorin Christine Eggers nehmen die Kinder und Jugendlichen regelmäßig an den Ausschreibungen teil und haben dabei schon so einige Preise erreicht. Ob auch in diesem Jahr Wettbewerbserfolge zu feiern sind, ist im Juni für die Landespreise bzw. im Herbst für die Bundespreise zu erfahren.
Jochen Herkert betont in seinem Grußwort, dass diese rege Beteiligung an einem solch prestigeträchtigen Wettbewerb „ein hervorragender Werbeträger“ nicht nur für die Schule, sondern „für die ganze Region“ sei. Für ihn sei die Geschichts-AG ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal der Schule.
Den Namen „Dankes-Party“ haben sich die Schüler/-innen schon vor Jahren selbst ausgesucht, erklärte Eggers – denn mit der Präsentation ihrer Arbeiten wollten sie nicht sich selbst, sondern ihre Helfer wie Zeitzeugen, Archivare, Museumsmitarbeiter in den Vordergrund stellen. So habe jeder die Chance, sich anzusehen, was aus der eigenen Mitarbeit geworden sei. Doch natürlich sei es auch für die jungen Geschichtsforscher selbst ein „tolles Erlebnis“, die Ergebnisse dessen, woran sie die letzten sechs Monate gearbeitet haben, präsentieren zu dürfen. Dafür wurde zum ersten Mal eine neue Art der Präsentation getestet: Wie in einem Museum verwandelten sich die Werke, thematisch gruppiert, mit von den Schülern eigens dafür gestalteten Installationen und Ansichtsexemplaren, zu einem offenen Rundgang durch das Foyer des Schulgebäudes.
Sie würde „sicherlich keine Historikerin“ werden, meinte Nele Schilling aus der zehnten Klasse lächelnd im Gespräch. Die „trockene Archivarbeit“, die mitunter dazugehöre, gefalle ihr absolut nicht. Dennoch sei sie sehr stolz auf ihr Projekt und hatte auch viel Spaß bei der Arbeit. Sie hatte ihr Thema selbst gewählt und die Geschichte ihres eigenen Familienheimes unter die Lupe genommen. Und das alte Bauernhaus hat so einiges zu bieten: Dort, wo sich heute Wohnräume befinden, befanden sich früher Ställe für das Hausvieh. Das Tolle an ihrem Thema, fand sie, war die Greifbarkeit im Alltag. Ihre Erkenntnisse brachte sie in unter dem Titel „Wie wohnte man in alten Bauern- und Handwerkshäusern im 18. bis 19. Jahrhundert?“ zusammen.
Ihre Klassenkameradin Emily Raaf hatte durch ein vorhergehendes Projekt der Geschichts-AG über das „UNRRA International Children Center Aglasterhausen“ erfahren. Die Geschichte des sich heute auf dem Gelände der Johannes-Diakonie in Schwarzach befindenden Gebäudes war beinahe in Vergessenheit geraten, bis Patricia Samol und Samura Schumacher 2019 mit ihrer Arbeit „Der Schwarzacher Hof – Ein Ort für einen Neustart?“ für die Geschichts-AG darüber recherchierten. Emily Raaf knüpfte nun direkt an diese Arbeit mit ihrer eigenen Forschung an. Der Gedanke, dass diese Begebenheit wieder in Vergessenheit geraten könnten, trieb sie an, das Thema ihrer Vorgängerinnen weiterzuverfolgen.
Im Gespräch mit den Ausstellerinnen und Ausstellern wurde schnell klar, dass es sich hier um Herzensprojekte handelte. Empathische Fragen wie: „Was ist der Unterschied zwischen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen?“ Oder der Unterschied zwischen „Wohnen“ und „Hausen“ wurden zum greifbaren Forschungsgegenstand. Selbst diejenigen Schüler, die zugaben, ihr Projektthema hätte am Anfang gar nicht so spannend geklungen, erzählten nun mit leuchtenden Augen von ihren Erlebnissen während der Forschung. Und davon, wie sie das Thema noch hätten in verschiedenen Richtungen ausbauen können, wenn sie nur die Zeit dazu gehabt hätten. Eben das zeigte sich auch in der Aufbereitung der Ausstellungsstände: Ob mit echten Pflanzen, aufwändig gebastelten Abwassersystemen, dem originalen Porzellan der Großmutter oder sogar mit einem eigenen Instagram-Kanal.
Mit einfallsreichen Ideen wurden die Projekte aufgearbeitet und für das Publikum verständlich dargestellt. Darüber zeigte sich auch AG-Leiterin Christine Eggers stolz. Das neue Ausstellungsformat war auf ganzer Linie ein Erfolg für die Schüler wie für alle interessierten Besucher. (pvh)