Religion

Das Fach Ethik

Ob im privaten, gesellschaftlichen oder globalen Kontext – ständig sind wir als Betroffene und Entscheider mit ethischen Problemen unterschiedlicher Tragweite konfrontiert. Es sind Fragen des guten Lebens, der Gerechtigkeit, danach, was wir anderen und uns schulden, die im Fokus stehen, wenn es um unseren Umgang mit Konflikten, mit Armut, mit der Endlichkeit des Lebens, mit der Natur, mit den Medien oder darum geht, was Wissenschaft und Technik dürfen oder wie das Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft gelingen kann.

Im Zuge der Beschäftigung mit solchen Fragen werden die Schülerinnen und Schüler im Ethikunterricht gemäß dem Sapere aude der Aufklärung zu einem selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Leben sowie zur ethisch-moralischen Urteilsbildung in praktischer Absicht befähigt. Es geht um nichts weniger, als aus eigener Einsicht beantworten zu können, was im ethischen Sinn gut ist und was damit in einem unrelativierbaren Sinn Maßstab unserer Entscheidungen und unseres Handelns sein sollte. Inhaltliche Grundlage dafür ist, dass die Schülerinnen und Schüler die wichtigsten Moralprinzipien, die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet haben, kennenlernen, diese anhand ethischer Problemstellungen anwenden und sich kritisch mit ihnen auseinandersetzen.

Methodisch wird die eigene fundierte Urteilsbildung durch die Schulung der prozessbezogenen Kompetenzen „wahrnehmen und sich hineinversetzen“, „analysieren und interpretieren“, „argumentieren und reflektieren“ sowie „beurteilen und sich entscheiden“ gefördert. Dabei kommen verschiedene fachspezifische Methoden zum Einsatz wie z.B. der Perspektivenwechsel, Fallanalysen, Gedankenexperimente, verschiedene Arten der Text- und Bildinterpretation und nicht zuletzt verschiedene Argumenttypen sowie Kriterien zum Abwägen von Argumenten. Wesentlicher Bestandteil des Ethikunterrichts ist die Diskussion und Reflexion. 

Das Fach Ethik wird am NKG ab der Klasse 5 unterrichtet. In der Fotoserie dokumentieren Schülerinnen und Schüler einer 7. Klasse, was ihnen am Ethikunterricht wichtig ist.

Einige zentrale Themen des Ethikunterrichts von der 5. Klasse bis zur Oberstufe:

Freundschaft. Ohne Freundschaft möchte niemand leben, auch wenn er alle übrigen Güter besäße“. (Aristoteles, 384 -322 v. Chr.)

Dass Freundschaften nützlich sein können, gehört zu den Gemeinplätzen berechnender Lebensklugheit. Demgegenüber erfahren wir Freundschaft ursprünglich als erste Weise einer selbstbestimmten innigen moralischen Lebensgemeinschaft.  Mit Freundschaften gewinnen Schülerinnen und Schüler eine erste Form selbstgestalteter solidarischer Lebenswelt, in der Werte wie Verstehen, Vertrauen, Verlässlichkeit, Füreinanderdasein und -einstehen eine zentrale Rolle spielen. Die Schülerinnen und Schüler machen sich Gedanken darüber, was ihnen Freundschaft bedeutet und was einen guten Freund auszeichnet, aber auch, welche Grenzen Freundschaft hat und woran Freundschaften zerbrechen können.

Glück.  „Glück ist kein Geschenk der Götter, sondern die Frucht innerer Einstellung.“

(Erich Fromm, 1900 – 1980)

Schon für Aristoteles war das Glück das oberste Ziel aller menschlicher Bestrebungen. Aber worin das Glück besteht, nach dem jeder strebt, dies ist nicht einfach zu beantworten und kann auch von Person zu Person variieren. Die Schülerinnen und Schüler untersuchen und diskutieren unterschiedliche Glücksvorstellungen, stellen sich die Frage, was man objektiv über das Glück sagen kann, und reflektieren das Verhältnis von eigenem Glück und moralischem Verhalten gegenüber anderen.

Natur und Umwelt. „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf der Erde.“

(Hans Jonas, 1903-1993)

Seit der Club of Rome 1972 den dramatischen Bericht: „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht hat, ist unser Umgang mit der Natur mehr und mehr ins Zentrum des öffentlichen Bewusstseins getreten und vor allem angesichts des Klimawandels zu einem der drängendsten Probleme unserer Zeit geworden. Aus ethischer Perspektive stellt sich die Frage, ob es ein vom Menschen zu achtendes Eigenrecht der Natur gibt oder ob ein sorgsamer Umgang mit der Natur nur um willen des eigenen Lebensinteressens geboten ist. Sind zukünftige Generationen und die Erhaltung deren natürlicher Lebensgrundlage in unserem heutigen Handeln moralisch zu berücksichtigen? Neben diesen Fragen sollen die Schülerinnen und Schüler aber auch kritisch über Fragen diskutieren, wie zum Beispiel ob unser heute ausgeprägtes Umweltbewusstsein nicht nur Etikette sein könnte, ob eine bloß appellative moralische Position überhaupt etwas zu bewirken vermag oder ob eine umwelttechnologische Antwort nicht vielleicht die effektivste Lösung sein könnte.

Umgang mit digitalen Medien. „Information ist Macht.“ (Francis Bacon 1561-1626)

Die rasante Entwicklung digitaler Technologien steht in einem bemerkenswerten Missverhältnis zu dem unbekümmerten Umgang der Schülerinnen und Schüler mit digitalen Medien. Die Schülerinnen und Schüler sollen für die Chancen und Risiken der Nutzung digitaler Medien sensibilisiert werden. Im Kontext von Freiheit und Verantwortung, Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte, Privatsphäre, Wahrhaftigkeit, Meinungsfreiheit, aber auch Gerechtigkeit, loten sie die Grenzen ihrer Selbstdarstellung im Internet aus und analysieren die mediale Darstellung anderer.

Gerechtigkeit.Wenn die Gerechtigkeit untergeht, so hat es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden leben.(Immanuel Kant, 1724 – 1804)

Es dürfte kaum jemand geben, der nicht die schmerzliche Erfahrung gemacht hat, irgendwann ungerecht behandelt worden zu sein. Immerhin ist das Gerechte nicht etwas, wofür wir dankbar sein müssten, sondern etwas, das man uns schuldet. Was aber ist das Gerechte? Eine nur individuell willkürliche Erwartung an andere oder ein uns allen gleichermaßen zukommender Anspruch – worauf aber? Ist Gerechtigkeit und Recht ein dermaßen hohes Gut, dass sie den Wert unseres eigentlich humanen Lebens ausmachen? Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit verschiedenen Theorien der Gerechtigkeit auseinander, erkennen die Bindung der Gerechtigkeit an die gegenseitige Achtung und können Gerechtigkeit und Recht als humane Form der Befriedung von Gewaltverhältnissen verstehen.  

Freiheit.Es liebt ein jeder, frei sich selbst Zu leben nach dem eigenen Gesetz.(Friedrich Schiller 1759 – 1805)

 

Sind wir frei, wenn wir machen können, was wir wollen, oder sind wir damit nicht nur Getriebene unserer unbeherrschten Neigungen? Sind wir überhaupt frei oder nicht vielmehr ganz und gar „Marionetten“ unserer Zeit und Kultur, in die wir hineingeboren wurden, oder sind wir allein bestimmt durch unser Gehirn, wie die moderne Hirnforschung meint? Wenn wir aber in unserem Wollen nicht frei sind, wie sieht es dann mit unserer Verantwortung gegenüber uns selbst und anderen aus? Unfreiheit und Verantwortung schließen sich aus, aber gilt dies nicht auch für eine Freiheit, die nur den eigenen Gesetzen der Neigung folgt? Wie müsste Freiheit gedacht werden können, damit ethische Verantwortung zu denken möglich ist? Mit solchen spannenden Fragen, die ins Zentrum der Ethik gehen, beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Klassenstufen.

Begründungen der Moral. „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (Immanuel Kant, 1724 – 1804)

Wie kann man begründen, dass unsere Regeln und Werte auch in einem ethischen Sinne „gut“ sind? Sind Regeln und Werte nicht vielmehr nur zeitgebunden und somit ethisch eigentlich unbegründbar? Welche Bedeutung haben Normen und Werte? Wie können wir Entscheidungen treffen bei moralischen Konflikten, bei denen auch Werte und Normen konfligieren? Wie kann man mit Hilfe von obersten ethischen Prinzipien moralisch urteilen und wie sind solche Prinzipien selbst zu beurteilen? Warum sollen wir überhaupt moralisch sein? Dies sind einige Fragen, mit denen sich die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Moralphilosophie auseinandersetzen.

Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft. „Toleranz ist immer und überall eine Frage der inneren Selbstbefreiung“ (Johann Gottfried von Herder, 1744-1803)

Das Festsitzen in der eigenen Meinung oder das bequeme Beharren auf ihr, die man nun einmal hat, sind Gründe der Unaufgeschlossenheit dem Anderen und Fremden gegenüber. Die Schüler und Schülerinnen denken über die Frage nach, wie ein gutes Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft funktionieren kann. Dazu werden sie sich ihrer eigenen Vorurteile, in denen sie befangen sind, bewusst und üben sich im Perspektivenwechsel. Sie wissen um die Bedeutung der Menschenrechte und der Achtung gegenüber sich selbst und anderen aufgrund der Würde, die den Menschen als solchen zugeschrieben wird. Sie beschäftigen sich mit der Tugend der Toleranz, lernen verschiedene Toleranzkonzeptionen kennen und setzen sich mit den Grenzen der Toleranz auseinander.

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